Clapeko van der Heide sagt stolz und mit Nachdruck, er sei „noch ein richtiger Maler“ und als solcher ist er ein prominenter Vertreter nicht nur der kurpfälzischen Kunstszene sondern des deutschen Südwestens. Hier liegt der Schwerpunkt seines Wirkungsbereichs, wenn auch nicht dessen Begrenzung, wie ein Blick auf die lange Ausstellungsliste zeigt. Auch wurde sein Talent frühzeitig erkannt und gefördert – durch Ausstellungsbeteiligungen schon des ganz jungen Mannes, durch eine Auszeichnung für Graphik, weitere Preise, mehrere Stipendien. Spätere Anerkennung bezeugen seine Mitgliedschaft im Deutschen Künstlerbund, der Willibald-Kramm-Preis 2014 und die Retrospektive Werkstücke im Kurpfälzischen Museum Heidelberg 2015. Zu seinen öffentlichen Aufträgen aus jüngerer Zeit zählt die Wandgestaltung im Foyer und am Treppenaufgang der Luise-Otto-Peters-Schule. Was meint CLAPEKO nun, wenn er sich selbst als ‚richtigen Maler‘ bezeichnet? Mit seinem Namen verbindet sich ein umfassendes Werk, das stilistisch der konkreten Kunst zugerechnet wird. Gehen wir daher zunächst auf diesen kunstgeschichtlichen Begriff ein.
Konkrete Kunst ist wie die konstruktive Kunst eine ungegenständliche Gestaltungsform in Malerei, Plastik oder Installation, als deren Urzelle das 1915 entstandene Gemälde Schwarzes Quadrat des russischen Künstlers Kasimir Malewitsch gilt. Sowohl die russischen Konstruktivisten als auch westeuropäische Maler hatten in der Folge einen stark spirituellen Ansatz, indem sie ein Unfassbares, Geistiges in einer nicht sichtbaren Welt durch Formen und Farben erfahrbar machen wollten. 1930 setzte sich dann mit Bezug auf einen Text des Künstlers Theo van Doesburg der Begriff „Konkrete Kunst“ durch, der nun nicht mehr einen spirituellen Gehalt einschloss sondern einen rationalen und mathematischen. So verstanden wollte konkrete Kunst Systeme und Strukturen sichtbar machen und hatte mittelbar einen gesellschaftlichen Reformwillen, indem sie ihre Formensprache auch auf das Design und die Architektur ausdehnte, beispielsweise durch Max Bill, den Gründer der Ulmer Hochschule für Gestaltung.
Clapeko van der Heides künstlerische Intention ist ganz auf die dem Medium Malerei immanenten Möglichkeiten gerichtet. Er organisiert die Bildfläche kalkuliert und ruhig, nicht spontan, gestisch und er erschließt den Bildraum in Flächen, nicht in perspektivischen Körpern. Eine über sich hinausweisende inhaltliche Bedeutung der Formen und Farben in seinen Gemälden lehnt er definitiv ab. Es gibt keinen außerbildlichen Sinnbezug beispielsweise des dynamischen Rot, das in vielen der hier gezeigten Arbeiten dominiert; keinen transzendenten Verweis durch das bevorzugte Blau und keine christliche Konnotation der immer wieder auftretenden mandelartigen Form als Mandorla in der Ikonographie religiöser Malerei, obgleich eine imposante Wandkeramik in Karlsruhe mit ebendiesem Motiv den Titel Große Mandorla trägt. Wer die ellipsenartige Form bei CLAPEKO, die wir auch in unserer Ausstellung sehen, mit einer Mandorla als Gloriole um eine Majestas Domini in Verbindung bringen will, tut also – vom Standpunkt des Künstlers aus – seiner Bildsprache Gewalt an. Denn er selbst erklärt die zueinander geschlossenen Bögen als das Segment zweier sich überschneidender Kreise. Ein Stück Geometrie. Nicht mehr und nicht weniger.
Alles also kühl berechnet, mit Zirkel und Lineal gezogen auf einer uniformenen Farbfläche? Mitnichten. Hier tritt eben der ‚richtige Maler‘ hervor: Die Farbe ist in vielen Schichten so aufgetragen, dass verschiedene Valeurs entstehen, die Oberfläche also Schattierungen aufweist, die das Malerische der Arbeiten ausmachen, ohne dass man von einer persönlichen Pinselschrift sprechen könnte. Bildträger ist eine spezielle Segelleinwand, die er während eines Auslandsstipendiums in England kennengelernt hatte und bis heute bevorzugt. Durch den pastosen Auftrag der Acrylfarbe auf diese Leinwand entstehen während des Arbeitsprozesses unregelmäßige Strukturen und Farbgrate entlang von Abklebungen, so dass der Betrachter manchmal den Eindruck von einer Collage hat. Obgleich die Farbe als Ausdrucksträger in den Werken von eminenter Bedeutung ist, hat Clapeko van der Heides erste Ausbildung, die zum Grafiker, sein Werk doch maßgeblich und bis heute geprägt, denn die Linie, das zeichnerische Element, spielt eine ebenso wichtige Rolle wie die Farbe, indem sie der unmittelbar emotionalen Wirkung der Farbe eine ausgleichende rational ordnende, mäßigende Kraft entgegensetzt. Farbenergie wird gebändigt durch grafische Form, die sowohl die Fläche strukturiert als auch den Bildraum erschließt.
Clapeko van der Heide kann auf eine so lange Schaffenszeit und ein so umfangreiches Oeuvre zurückblicken, dass es sich geradezu verbietet ihn chronologisch von seinen künstlerischen Anfängen her vorzustellen. Ein kurzer retrospektiver Blick vom heute Erreichten aus sei aber erlaubt und dazu bietet der Katalog zur erwähnten Ausstellung von 2015 im Kurpfälzischen Museum Heidelberg die willkommene Möglichkeit. Er wurde vom Kulturamt der Stadt Heidelberg unter dem Titel Werkstücke herausgegeben und liegt hier aus. Ich möchte Sie ermuntern, einen Blick auf die Abbildungen darin zu werfen, und mich auf das darin abgebildete Große Rotorenbild von 1969 beziehen, in dem eine monochrome blaue Bildfläche durch eine segmentierte plastisch wirkende Rotorenscheibe eine räumliche Dimension bekommt. Indem das technische Objekt, die Rotorenscheibe, viermal nebeneinander aus unterschiedlichen Perspektiven gegeben ist und dabei seine Körperhaftigkeit zunehmend verliert, wird der anfängliche illusionistische Charakter des Bildraums letztlich wieder aufgehoben. Die beschriebene Wechselwirkung zwischen kompakter Malfläche und der Illusion eines Bildraumes durch perspektivisch gegebene stereometrische Objekte beschäftigte den Künstler vor allem in seinen frühen Arbeiten der siebziger Jahre. Ineinander verschränkte Rechtecke und Scheiben suggerierten eine Körperhaftigkeit im Zustand schwerelosen Schwebens in einer nicht näher bestimmten Farbsphäre.
Diese Bildsprache verschränkter Formen hat Clapeko van der Heide in seinen plastischen Arbeiten fortgeführt: Er hat Farbobjekte aus ineinander gesteckten Röhrenstücken konstruiert, die von regelmäßigen Kreisausschnitten durchsetzt und inwendig pastellfarben ausgemalt sind, in ihrer Außenseite aber einen gleichmäßigen weißen Auftrag haben und mit dieser homogenen Oberfläche dem Auge einen Ausgleich zu der in unterschiedliche Richtungen weisenden baulichen Konstruktion der Objekte bieten. Die Dynamik, die in der diagonalen Ausrichtung der einzelnen Teile evoziert wird, ist durch die Kürze der Röhren wiederum abgebremst. Ein derartiges Austarieren gegensätzlicher Wirkungen ist auch an den verwendeten Formen, die an industrielle Fertigung denken lassen, und an deren farblicher Ästhetisierung erkennbar. Klarheit in Form und Farbe dieser Objekte, bei der auf Modulationen verzichtet ist, wird durch die Licht- und Schattenwirkung an bzw. in den Objekten einer leichten optischen Veränderbarkeit anheim gegeben. Hier bleibt Clapeko van der Heide ein malerischer Objektkünstler; eine Plastik ohne Farbe ist für ihn nicht vorstellbar. In unserer Ausstellung gibt die lindgrün bemalte Wendeltreppe, drehbar auf einem dunkelblauen Rundstab montiert und an der Außenseite der Stufen entsprechend akzentuiert, dafür ein Beispiel. Das sich verändernde Hell und Dunkel im Laufe des Tages oder unter wechselnder Beleuchtung  gibt dem Werk eine zusätzliche Qualität.
Licht und Schatten, wie ich sie an den Röhrenobjekten beschrieben habe, spielen auch in den neueren Gemälden eine wichtige Rolle. Allerdings nicht im Sinne kompositorisch eingebrachter stereometrischer Objekte wie früher sondern in Form eines Farbauftrags, der atmosphärische Dichte oder helle Luftigkeit suggeriert und so eine in sich lebendige, scheinbar veränderbare Materie schafft. Flächige, senkrecht ausgerichtete Farbstreifen rhythmisieren das Bild im Wechsel mit entsprechenden Streifen der Flächenfarbe. Formen überlagern sich, werden farblich durchbrochen und so jeden illusionistischen Effekts beraubt. Malerei ist Malerei und nichts darüber hinaus. Sie ermöglicht bei CLAPEKO dem Auge nicht, etwas hineinzusehen, was die Farbmaterie in der Komposition nicht hergibt. Reizvoll ist das Gegenspiel von linearen Ovalformen und senkrechten Streifen, geschlossenen und sich fortsetzenden Formen. In der dreiteiligen Arbeit zu meiner Linken wird das Ineinander der Ovale optisch durch die sichtbaren Abstände zwischen den Leinwänden durchbrochen. Einheit und Mehrteiligkeit sind hier in eins gesetzt.
Eine wichtige Rolle spielt bei vielen Arbeiten der nicht austauschbare Rahmen, der integrativer Bestandteil der Kompositionen ist, ihnen einen objekthaften Charakter gibt und farblich auf sie bezogen ist. An dem Bild unterhalb des Fensters ist so an der Innenseite des Rahmens ein spiegelartiger Effekt entstanden. Das Ausschnitthafte und doch Eigenständige der zentrierten Farbsegmente in den Kompositionen zu meiner Rechten (in dem senkrecht gestreiften Quadrat im schwarzen Längsformat und dem mosaikartig zusammengesetzten Farbstreifen im roten Hochformat), diese Zentrierung mit vergleichsweise breitem monochromem Umfeld gibt einen merkwürdig enthobenen Eindruck, so wie wir ihn von einem Denkmal mit sogenanntem Ehrenhof kennen. Energie manifestiert sich hier in ganz besonderer Weise als geordnete Kraft, was ja das künstlerische Anliegen Clapeko van der Heides ist und analog vielen Naturphänomenen und kosmischen Ereignissen gesehen werden kann.
Abschließend einige Bemerkungen im Hinblick auf die hier ausgestellten Keramiken. Als Keramiker versuchte sich CLAPEKO erfolgreich mit zwei großen Arbeiten Kunst am Bau in Karlsruhe: im Jahr 2000 entstand für das Hauptgebäude von EnBW ein zwölf Meter langer Fries aus Meißener Porzellan mit dem Titel Geordnete Kraft. 2006 konnte die achtzehn Meter hohe Komposition Große Mandorla an der Außenfassade des Heizwerks der Karlsruher Stadtwerke montiert werden, direkt neben der Majolika, bei der Clapeko van der Heide  von 1999 bis 2001 Gastkünstler war. Als monumentaler Streifen von energiegeladenem Rot – und damit in inhaltlichem Bezug auf  Feuer, Hitze, den ursprünglichen Zweck des Gebäudes – heben sich die insgesamt 240 handbemalten Keramikplatten von der weißen Außenwand ab. Die warme Farbigkeit moduliert zwischen hellen und tiefdunklen Tönen und scheint so in geradezu lodernder Bewegtheit. Im oberen Bereich ist mit einigem Abstand von den Platten ein Keramik-Oval montiert, das sich von Blautönen in seiner unteren Hälfte zu einem Gelb-Orange in der oberen hin entwickelt. Diese freischwebende Form symbolisiert in den Worten des Künstlers „die unendliche Weite des Kosmos“, die durch den Titel des Werks Große Mandorla inhaltlich eine religiöse Bedeutung bekommt, denn in der kunstgeschichtlichen Tradition ist die mandelförmige Umschließung als heilige Aura einer ganzfigurigen Christus-Darstellung üblich. In Clapeko van der Heides Komposition umschließt sie hingegen einen Leerraum, der die unendliche Weite des Kosmos symbolisiert und in diesem Sinnzusammenhang für den einen oder anderen Betrachter wohl doch transzendente Bedeutung erhält. Das vermeintliche Nichts ist eine geistige Kraft.

Dr. Martina Wehlte

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