Roman 335 S., Deuticke Verlag. Preis:,19,90 €. Auch als Hörbuch bei Hörbuch Hamburg, gelesen von Heikko Deutschmann.

Gerold Plassek hatte schon einmal bessere Zeiten erlebt, bevor er als Journalist bei einer Wiener Gratiszeitung landete und dort jetzt wenig ambitioniert und meist mit schwerem Kopf das Ressort Soziales betreut. Den Frust über seine anspruchslose Routinearbeit in dem Anzeigenblatt Tag für Tag ertränkt er regelmäßig mit gleichgesinnten Kumpels in Zoltans Bar. Bis sich eines Tages sowohl in seinem unspektakulären Single- als auch in seinem Berufsalltag einiges tut. Eine längst vergessene Freundin eröffnet ihm, dass er Vater eines vierzehnjährigen Sohnes ist und bittet ihn, Manuel nachmittags zu beaufsichtigen, während sie als Ärztin für ein halbes Jahr in Somalia arbeitet,. Keine leichte Aufgabe für einen etwas heruntergekommenen Dreiundvierzigjährigen und einen pubertätsgeschüttelten Jungen, der sich an fünf Nachmittagen in der Woche zu einem früheren Freund seiner Mutter abgeschoben weiß.

Zur selben Zeit kommt es aufgrund einer von Gerold Plasseks Kurzmeldungen in Tag für Tag zu einer anonymen 10.000€-Spende an ein Wiener Obdachlosenheim. Dem Kuvert mit dem Geld ist der entsprechende Zeitungsausschnitt beigelegt. Dieses sensationelle Ereignis wird nun in einem groß aufgemachten Artikel, den allerdings nicht der zuständige Redakteur Plassek schreiben darf sondern eine Kollegin, publik gemacht. Damit beginnt eine ganze Serie anonymer Spenden und wilder Spekulationen über den unbekannten Gönner und es kommt nicht nur zu einer Sympathiewelle in ganz Österreich sondern auch zu einem regelrechten Medienkrieg mit Intrigen und kriminalistischen Ermittlungen.
Manuel weiß nicht, dass der beruflich und privat abgestiegene und alkoholkranke Mann in dem winzigen Redaktionsbüro sein Vater ist, und hat die Zeit bei ihm bisher lustlos abgesessen. Nun bleibt er von dem überraschenden Echo auf dessen Meldung nicht unbeeindruckt und die beiden nähern sich einander an. Als dann ein tschtschenischer Junge aus Manuels Basketballteam mit seinen Eltern abgeschoben werden soll, bettelt er Gerold Plassek über den Fall zu berichten. Er selbst übernimmt die Recherche und wird Co-Autor, während sein incognito-Vater redigiert und selbst wieder journalistisch in Form kommt. Leider lehnt die von einem Großhandelsunternehmen herausgegebene Gratiszeitung das Asylanten-Thema ab. Plassek kündigt Knall auf Fall und kann den Artikel in der linksliberalen Neuzeit unterbringen, für die er fortan eine Serie erfolgreicher Sozialreportagen mit prompt folgenden 10.000€-Spenden schreibt.
Der österreichische Autor Daniel Glattauer hat sich für seinen Roman Geschenkt von einer tatsächlichen Serie anonymer Spenden inspirieren lassen und verknüpft diese Wohltäterschaft für soziale Projekte unmittelbar mit dem Lebensweg seiner Hauptfigur, der dadurch nolens – volens eine völlig neue Richtung bekommt. Denn die überraschende Zusammenführung von Vater und Sohn gelingt durch den Einsatz für eine gemeinsame Sache und lässt Manuel in seinem „Onkel Gerold“ einen Vater erwachsen, der diese Rolle im besten Sinne auszufüllen lernt. Daniel Glattauer lässt auch Amor zu dieser positiven Entwicklung beitragen und schildert ironisch, aber durchaus mit Sympathie die Gefühlsnöte nicht mehr ganz junger Verliebter. Diese Ironie ist auch bei der Schilderung von Rollen und typischen Verhaltensmustern seiner Figuren gekonnt eingesetzt. So sticht Gerold Plasseks anfänglicher Lotterstatus gegen den gesunden Lifestyle einer Fitnesstrainerin ab und seine unaufgeräumte Einzimmerwohnung mit den Bierkisten gegen das Bonzentum des Geschäftsmannes, mit dem seine vormalige Ehefrau nun verheiratet ist.
Die authentische Versagermentalität seines Protagonisten, der sowohl von Selbstmitleid als auch von Selbstkritik frei ist, inszeniert der Autor mit einem virtuosen Sprachstil und sein Held wider Willen hat von Anfang bis Ende, vom lustlosen Meldungsschreiber bis zum Starreporter den Leser auf seiner Seite. Ganz nebenbei gibt Daniel Glattauer Einblick in einen Medienbetrieb, der unseren Blick auf die Welt lenkt, uns manipuliert und seinen eigenen Interessen folgt. Das Rätsel um die anonymen Spenden löst sich zum Schluss halbwegs, so wie Gerold Plassek mit Tochter und Sohn endlich halbwegs eine Familie hat und halbwegs ein Happy-End mit der angebeteten Zahnärztin. Doch alles bleibt ein bisschen offen, so wie im Leben auch.

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